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Audio Recordings of Great Works of Art (Osborn, Ed)
 
 
 

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Intermedialität in Musik und bildender Kunst

Musik ist offenbar in viel größerem Maße, als man spontan meinen könnte, ein intermediales, vor allem audiovisuelles Phänomen — weit gehender, als es von der bildenden Kunst gesagt werden kann. Hierzu liefert ein Ausspruch von Marcel Duchamp weiteren Aufschluss: »On peut regarder voir, on ne peut pas entendre entendere« [3] , zu deutsch etwa: »Man kann das Zuschauen sehen, aber man kann das Zuhören nicht hören.« Diese Einsicht lässt sich noch erweitern: Tatsächlich kann man weder das Sehen noch das Hören hören. Wenn es vor dem Konzert still wird, hört man zwar förmlich, wie die Menschen beginnen, zuzuhören, aber diese Stille ist nicht von der Stille der visuellen Konzentration im Museum zu unterscheiden. Umgekehrt kann man aber das Zuhören ebenso wie das Zuschauen visuell verfolgen: Wie man dem Blick die Folge der betrachteten Elemente und emotionale Reaktionen auf sie ablesen kann, so sieht man auch, wie die Leute beim Zuhören den Blick nach innen kehren, weil sich dort die Klänge abspielen, und man kann den Augen die verschiedenen Reaktionen auf das Gehörte entnehmen.

Beim Rezeptionsvorgang fördert die andächtige

 

Stille in Museumsräumen die Beschränkung auf die visuelle Kontemplation. Der Klangkünstler George Brecht sammelte bis 1999 für sein ironisches Projekt »Audio Recordings of Great Works of Art« Tonaufnahmen der Geräuschkulissen vor zentralen Werken der europäischen Kunstgeschichte (u. a. natürlich der »Mona Lisa« im Pariser Louvre) und fand eine völlige Indifferenz zwischen Klangumfeld und Gehalt der Kunstwerke vor.

Etwas anders verhält es sich mit der künstlerischen Produktion. Der Klang von Pinsel, Gravournadel oder Hammer und Meißel sowie des akustischen Umfelds blieb sicher nicht ohne Auswirkung auf den ausübenden Künstler. Über die gegenständliche, häufig symbolische Abbildung von Musikern, Instrumenten und Musikhörern hinaus zu einer explizit strukturellen Parallele zur Musik findet aber erst die Malerei der klassischen Moderne. Bei Cirluonis und Kandinsky [4] werden zum Beispiel musikalische Erlebnisse in abstrakte Farbmuster übertragen, die Klangeindrücke und zeitliche Proportionen wiedergeben.

Diese Künstler des beginnenden 20. Jahrhunderts beriefen sich auf einen grundlegenden Zusammenhang

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