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Belle, bonne, sage (Cordier, Baude)Mo-No: Musik zum Lesen (Schnebel, Dieter)
 
 
 

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Mehrstimmigkeit möglich gewesen wären. Das Verlagswesen schuf für die Komponisten des 19. Jahrhunderts, die mit ihrer neuen Bürgerfreiheit die Abhängigkeit von kirchlichen Funktionen und fürstlichen Zuwendungen aufgegeben hatten, die Lebensgrundlage und bewirkte damit, dass jene musikalischen Gattungen, die sich als Hausmusik ausführen ließen, besondere Verbreitung fanden: vornehmlich Klavier- und klein besetzte Kammermusik.

Die so genannte ›Augenmusik, häufig an Johann Sebastian Bachs Werken exemplifiziert, verdeutlicht, wie weitgehend die visuelle Vermittlung musikalischer Struktur eine eigenständige ästhetische Ebene darstellt, wenn bestimmte symbolische Bedeutungen nur durch das Lesen der Partitur offenbar werden. Diesen Gedanken führte der Komponist Dieter Schnebel mit dem Buch »Mo-No: Musik zum Lesen« [2] ins Extrem. Anregungen zum musikalischen Hören der Geräuschwelt und visuelle Text-/Grafikkompositionen, die allein — mono — und still lesend aufgenommen werden sollen, lassen im Kopf des Lesers aus Text und Bild eine nur vorgestellte Musik entstehen. Auch Nam

 

June Paik, La Monte Young und George Brecht komponierten Vorstellungs-Musik, die sie als so genannte »Events« in knappen textlichen Handlungsanweisungen fixierten.

Die Betrachtung der konkreten Erzeugungssituationen von Musik bestärkt die Diagnose: Musikmachen speist sich auch aus vielerlei visuellen Reizen — vom Lesefluss der Partitur über die Beobachtung der eigenen Motorik des Instrumentalisten zur gestischen Abstimmung akustischer Ereignisse zwischen mehreren Musikern. Dies setzt sich auf der Rezeptionsseite fort: Mimik und Gestik der Spieler vermitteln den Hörern Informationen zum Kontext (zum Beispiel gemeinte Emotion), zu Melodik, Harmonik und Rhythmik. Die Ausdruckqualität der jeweiligen Musik, aber auch die Virtuosität, die dem Musiker abverlangt wird, werden durch den visuellen Nachvollzug der instrumentalen Darbietung transparenter und liefern Material, das in die ästhetische Erfahrung und Bewertung von Musik einbezogen wird.

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