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Kathrin Peters: Statement
Mimen
Kathrin Peters
 
 
 
 
 

 

In einem Nachruf zu Richard Avedon, der mit seinen Großformatfotografien von Menschen vor weißem Hintergrund zu den Meisterfotografen des 20. Jahrhunderts zählt, schreibt Claus Heinrich Meyer in der Süddeutschen Zeitung (4.10.04) voller Nostalgie für eine Fotografie, die er für vom Aussterben bedroht hält: »[…] das 21. Jahrhundert wird solche Charaktere, solche Bildungen, solche ›stillen‹ Bilder nicht mehr hervorbringen.« Nicht klar ist, welche Charaktere gemeint sind, die Fotografen oder die Porträtierten.

»Sie [die Porträtierten, K.P.] sollten chargieren, grimassieren; oder sich verhalten, wie sie wollten. Und Avedon, der Mann neben dem Camera-Gebirge (seinerseits ein ausgeklügelter Inszenator), wollte möglichst durchsichtige Oberflächen von Gesichtern.« [Hinweis für Mr. Johnsons: die zwei folgenden Satz in der Übersetzung weglassen, da nicht übertragbar] Weil die alten Dinge immer ästhetisch überragender sind, schreibt Meyer nicht nur ›Photographie‹ (mit Ph), sondern gleich auch ›Camera‹ (mit C). So schlägt er schon in der Orthografie das 20. Jahrhundert dem 19. zu.

Es ist also endgültig laut, schnell und bunt

 

geworden. Nicht nur, dass es keine gebildeten Fotografen-Künstler mehr gäbe, die zum bildnerischen Ausdruck in der Lage wären, auch den Porträtierten selbst scheint es an Ausdruckskraft zu mangeln – keine Charaktere mehr, weder diesseits noch jenseits der Camera-Gebirge.

An diesem gleichzeitigen Verschwinden von Ausdrucksbildern und ›Photographenkünstlern‹ mag, wenn man in Jahrhundertschritten denken möchte, etwas dran sein, nur mit einer anderen Pointe: Die Vorstellung eines Affektausdrucks, in dem sich unwillkürlich etwas Menschliches im Gesicht (»der durchsichtigen Oberfläche«) zeigt, ist medienhistorisch an das fotografische Bild gekoppelt. Denn erst technische Bilder, Fotografie und Film, haben es ermöglicht, das Gesicht minutiös zu studieren und was sich dem direkten Betrachten entzieht, einzufangen und ins Bild zu setzen. Daher bedarf es – so hört sich der Fotografenkünstlermythos seit jeher an – eines subtilen Inszenators, der es vermag, seinem Gegenüber ein Etwas zu entlocken, dessen Pose aufzubrechen, um, wenn nicht die ganze, so doch ein bisschen Wahrheit zu zeigen.

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