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Lohengrin Präludium (Fantin-Latour, Jean Theodore), 1877
 
 
 

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perfektes Raumbild, das Orchester bleibt für die Zuschauer unsichtbar, es wird in einen engen Schalltrichter gesteckt. Die optimale Akustik des halbrunden Zuschauerraums, ohne die sonst üblichen Logen, erzwingt die volle Konzentration auf das Bühnengeschehen, kein Seitenblick auf das ›Who is who‹ in den Rängen. Orchester und Bühne sind nicht mehr als getrennte Orte wahrzunehmen, sondern Musik und Bild verbinden sich im Kopf. Dieses Prinzip finden wir heute in jedem Kino, doch damals war es eine Sensation. Der Erfolg gibt Wagner Recht, bis heute werden im Festspielhaus Bayreuth jedes Jahr ausschließlich seine Opern vor einem internationalen Highsocietypublikum gespielt – und die Karten sind fünf Jahre im Voraus ausverkauft!

Zeitgenössische Maler, Dichter und Denker sind zutiefst beeindruckt von diesem Proto-Cinema, das noch ganz ohne Filmtechnik und Elektrizität auskommt. 1877 hat das Präludium von Wagners »Lohengrin« den Maler Jean Theodore Fantin-Latour so fasziniert, dass er es in einem fast schon abstrakten Bild darstellt: »Lohengrin Präludium«, 1877. Friedrich Nietzsche und Charles Baudelaire gehören ebenso zu den

 

euphorischen Zeitzeugen, die Wagner in ihren Schriften feiern und dazu beitragen, ihn zum würdigen Vorläufer heutiger Popstars zumachen. Nietzsche prägt den Begriff ›Hörspiel‹, der erst viel später mit der Einführung des Radios gängig wird, um die Wechselwirkung von Bild und Ton bei Wagner zu beschreiben: »Seine Kunst führt ihn immer den doppelten Weg, aus einer Welt als Hörspiel in eine rätselhaft verwandte Welt als Schauspiel und umgekehrt.« [12] Und Baudelaire berichtet in einem Brief an Wagner von einem synästhetischen Farberlebnis beim Anhören seiner Musik, sogar ohne je in Bayreuth gewesen zu sein. [13] Dieses Erlebnis bildet den Ausgangspunkt seiner an Wagner exemplifizierten Theorie der Moderne.

Anstelle der von der Antike bis zum Barock vergeblich gesuchten direkten, objektiven Entsprechung von Farben und Tönen verlagert Wagner die Bild-Ton- Koppelung an ihren eigentlichen Ort, die subjektive menschliche Wahrnehmung. Sein Gesamtkunstwerk inszeniert eine komplexe Wechselwirkung zwischen Musik, Theater und Bühnenbild. Aus einer ästhetisch begründeten

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