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Themenicon: navigation pathMapping und Texticon: navigation pathArchiv/Karte
 
Karte von Napoleons Feldzug in Russland 1812-1813 (Minard, Charles Joseph)London Cholera Epidemic (1854) (Snow, John), 1859
 
 
 

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rejoined the mainland.« [32] Die Praxis des Kopierens ist in diesem Fall die medienhistorische Bedingung, einschließlich der Varianten und eben Fehler. Die Karte ist also immer nur ein annäherndes Modell. Wenn Texte andere Texte generieren, gilt dies in gleichem Maß für Karten und Bilder.

Die beiden folgenden Beispiele haben das Verständnis der Karte als geografischer Referenz ebenfalls entscheidend verändert: zum einen Charles Joseph Minards Karte der Truppenbewegung über die gesamte Zeit des Napoleonfeldzugs, d. h. die Übertragung von zeitlichen Daten auf räumliche Parameter; zum andern die Karte eines Londoner Viertels, die John Snow 1855 von dortigen Cholera-Fällen anlegte, um durch die Verteilung im Raum auf die lokale Ursache einer Pumpe in einer Straße zu schließen, obwohl die damalige Ansicht vorherrschte, dass die Epidemie auf dem Luftweg übertragen wurde. Mit der Stilllegung des Brunnens und der folgenden Eindämmung der Epidemie war jedoch der gegenteilige Beweis erbracht. Diese medizinische Karte war also weniger die Geografie eines Ortes als vielmehr die von Ereignispunkten. Seit

 

150 Jahren ist die Karte also ein Tool zur Lokalisierung und Visualisierung von Beziehungen und Hypothesen und nicht nur allein zur räumlichen Topografie. In Verbindung mit der wachsenden Bedeutung von Datenbanken ist die Karte also eine Strategie, nicht ein feststehendes Format, um Daten zu verstehen. [33]

In dem »konzeptuellen und programmierten Blick des Virtuellen« (siehe Christine Buci-Glucksmann) finden wir also nicht nur im ikarischen mobilen Blick eine Befreiung des Kartografen (mit aller Problematik, die der mythologische Bezug konnotiert) [34] , sondern auch des Kartenlesers, nicht nur der künstlerischen Formen, sondern auch der Topologie. Die Karte öffnet sich so zu vielfältigen Visualisierungen und Erzählungen ebenso wie zu Störungen und Abweichungen. Wenn man sie nun begrifflich mit der ›Konstellation‹ verknüpft, dann wird der prozessuale Aspekt des Zusammenhangs von Bild und Text plastischer. Zugleich schärft aber auch Vilém Flussers melancholische Erzählung über das Ende der Atlanten den Blick für die Verluste, die sich mit der verlorenen »Atlantennaivität« verbinden: »Die Absicht war, die Geschichte auf der Geographie zu entwerfen. Das Resultat war das

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