Hinweis: Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie einen Browser, der nicht die gängigen Web-Standards unterstützt. Deshalb wird das Design von Medien Kunst Netz nicht korrekt dargestellt. Die Inhalte selbst sind dennoch abrufbar. Für größtmöglichen Komfort und volle Funktionalität verwenden Sie bitte die empfohlenen Browser. |
Erfahrung des Mediums ungetrübten Emphase wird es nur vor seiner Einführung begrüßt, so von den Futuristen 1933 (»La Radia«) und von Lucio Fontana 1952. Anfang der 1950er Jahre finden sich zur Einführung des Fernsehens in Europa zwar Ansätze zu einer Debatte über seinen möglichen Kunstcharakter. Aber vor allem in Deutschland führen viele Autoren bereits im Titel ihrer Veröffentlichungen so prätentiös den Begriff ›Kunst‹ ins Feld, als sei er die universelle Waffe gegen die Medienskepsis, zu welcher sowohl die amerikanische Kommerzialisierung als auch die nationalsozialistische Propaganda Anlass geben, die sich schon 1935 rühmte, den ersten regelmäßigen Fernsehsender der Welt zu betreiben.[5] Als sollte all das ungeschehengemacht werden, heißt es voll zweck-optimistischer Zuversicht im ersten bundesdeutschen Fernsehjahr 1953: »Das Fernsehen ist schon heute eine Kunst. Es wird mit Gewissheit die Kunst von morgen sein.«[6] Hingegen rechnet Adorno aufgrund seiner amerikanischen Erfahrungen das Fernsehen schon 1953 anlässlich seiner bundesdeutschen Einführung zum »Schema der Kulturindustrie«, denn es »treibt deren Tendenz, das Bewusstsein des Publikums von allen Seiten zu umstellen und einzufangen, als Verbindung
von Film und Radio weiter. […] Die Lücke, welche der Privatexistenz vor der Kulturindustrie noch geblieben war, solange diese die Dimension des Sichtbaren nicht allgegenwärtig beherrschte, wird verstopft«.[7]
Der gesellschaftliche Einfluss des Fernsehens bildet auch ein zentrales Thema für den Beginn der Medientheorie in den 1960er Jahren. Marshall McLuhan prognostiziert das Ende des Gutenberg-Zeitalters durch die audiovisuellen Medien, eine These, die er vor allem durch seine eigenen häufigen Radio- und TV-Auftritte ebenso illustriert wiebelegt. Umberto Eco widmet den Schluss seines Buchs über das »offene Kunstwerk«[8] der Fernseherfahrung bei Live-Sendungen, in denen er eine strukturelle Verwandtschaft zu den nicht vordeterminierten ›offenen‹ Kunstformen seiner Zeit sieht. So wie das amerikanische und europäische Mediensystem weisen auch diese beiden Theorien der Kunst eine unterschiedliche Rolle zu: Für McLuhan bestimmt der medientechnische Fortschritt im wesentlichen ihre Entwicklung, indem er zuvor nur künstlerisch erahnte neue Darstellungsformen zur Machbarkeit bringt. Für Eco dagegen bietet die Kunst das Modell einer selbstbestimmten Alternative zur Fremdbestimmtheit durch die Macht der Medien.