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Überraschend bleibt die Synchronität, mit der Künstler 1962–1963 mit dem Medium Fernsehen zu arbeiten beginnen. Eine klare Priorität unter ihnen gibt es noch weniger als bei anderen (Er)Findungen von Bildverfahren am Anfang des 20. Jahrhunderts. Beispielsweise arbeiten um 1920 Walter Ruttmann, Viking Eggeling, Hans Richter und Marcel Duchamp auch fast gleichzeitig an den ersten abstrakten Filmen, teils ohne voneinander zu wissen. Wesentlich ist, dass die Künstler, ausgehend von verschiedenen Gattungen beginnen, mit dem TV zu arbeiten: Paik kommt von der Musik, Vostell und Wesselmann von der Malerei, César und Uecker sehen das TV vor allem als Objekt-Skulptur, Gerstner verwendet es als optischen Signalgeber, Isous Ausgangspunkte sind Film und Literatur. Das neue Medium steht am Schnittpunkt der verschiedenen tradierten Disziplinen. Die künstlerische ›Rückeroberung‹ des Fernsehens zeigt sich damit als symptomatischer Teil der interdiszipliären Aufbruchssituation der 1960er Jahre, die nach der Überwindung der Grenzen von Gattungen und der damit verbundenen Institutionen der Kultur strebt. Das Umfeld von Neuer Musik, Happening, Fluxus, Expanded

 

Cinema und konkreter Poesie ist prägend für diese Anfänge, die erst von heute aus als Beginn der Medienkunst umgedeutet werden können. Zur Zeit ihrer Entstehung ist jedoch der von Dick Higgins eingeführte Begriff ›Intermedia‹ gewiss treffender als die spätere Eingrenzung auf ›Videokunst‹, die gegenüber dem umfassenden, medienübergreifenden Anspruch dieser Zeit eher einen Rückschritt auf ein doch wieder klar abgegrenztes Terrain anzeigt.

Als dreißig Jahre später in den 1990er Jahren das digitale Multimedia-Zeitalter proklamiert wird, erhält dieser in Vergessenheit geratene Intermedia-Begriff der 1960er Jahre eine neue Aktualität. Dabei besteht aber ein entscheidender Unterschied: Die künstlerischen Transformationen des TV-Apparats um 1962–1964 sind nur ein Symptomdieser Interferenz der Gattungen, für welche die Impulse aus der Kunst kommen. Der Computer ist in den 1990er Jahren aber de facto die treibende Kraft hinter der Konvergenz der Medien zur Multimedialität. Insofern haben sich von den 1960er zu den 1990er Jahren die Wechselbeziehungen von Kultur und Medientechnik umgekehrt.

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